Ob und in welchem Rahmen ein Kundenkontakt oder ein ähnlicher Bezug zum Verbraucher einen werbenden Charakter hat ist in wiederkehrender Folge der Grund für Prozesse und oft auch die Basis  für Abmahnungsfälle. Dabei ist das Problem von der Basis her zumeist die Frage, was genau als Werbung oder Werbeversuch zu betrachten ist und welche Formen von Kontakt oder Verbraucheransprache tatsächlich nur informell sind bzw. lediglich eine uneigennützige Ansprache darstellen.

Grundsatzfragen zum Begriff Werbung

Zu dieser leidlich weitreichenden Problemkonstellation, die gerade insbesondere Verbraucher und Gewerbetreibende im E-Commerce betrifft, hat nun das OLG Dresden am 24. April 2016 ein wichtiges Urteil (14 U 1773/15) gefällt. Dabei wurden in erster Linie zwei Grundsatzfragen erörtert – einerseits zu Zufriedenheitsanfragen, andererseits zur allgemeinen Definition des Begriffes Werbung- und zudem die zu dem Thema vorhergehenden Entscheidungen mehrerer anderer Gerichte bestätigt. Dem Gericht lag in der Sache der Fall vor, dass der Kunde eines Onlineshops sogenannte Kundenzufriedenheitsanfragen per Mail zugeschickt bekommen hatte, ohne zuvor ausdrücklich seine Einwilligung geäußert zu haben. Der Kunde des Shops empfand dies als unzulässige und vor allem belästigende Werbung. Dem stimmte auch das OLG zu:

„Die streitgegenständlichen E-Mails, die ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung des Empfängers versandt wurden, stellen eine unzumutbar belästigende und damit unlautere Werbung dar, § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG.“

Demzufolge dürfen solche Nachfragen zur Zufriedenheit nicht per Mail versandt werden, wenn der Kunde dem zuvor nicht ausdrücklich zugestimmt hat. Andernfalls sind dies unlautere Werbe-Mails.

EU-Richtlinie definiert Werbung verständlich

Zum Unterbauen dieser Entscheidung setzte sich das OLG im Anschluss noch detaillierter mit dem Werbebegriff und dessen Definition auseinander. Dabei wurde erstens auf die EU-Richtlinie zu irreführender und vergleichender Werbung zurückgegriffen, in der dortigen Definition dazu heißt es: „jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern.“

Diese Begriffsbestimmung   stimme grundliegend mit dem Verständnis zu Werbung im allgemeinen Sprachgebrauch überein, so das Dresdner Oberlandesgericht weiter. Damit spannte es den Bogen zurück zur detaillierteren Fragestellung über die Kundenzufriedenheitsanfragen und  stellte folgende Schlussfolgerung auf:

„Unabhängig von diesem werbenden Inhalt der beanstandeten E-Mails handelt es sich hier um eine Kundenzufriedenheitsbefragung, die als Werbung anzusehen ist. Sie dient zumindest auch dazu, Kunden zu behalten und zukünftige Geschäftsabschlüsse zu fördern. Durch die E-Mails wird dem Kunden der Eindruck vermittelt, die Beklagtenseite bemühe sich auch nach Geschäftsabschluss um ihn, z. B. indem sie wie in der E-Mail um eine persönliche Bewertung ihres Leistungs- und Serviceangebots bittet, um ein Bild über die Stärken und Schwächen aus der Sicht des Kunden zu gewinnen. Dadurch bringt der Unternehmer sich auch bei dem Kunden in Erinnerung, was der Kundenbindung dient und eine Weiterempfehlung ermöglicht. Zutreffend hat das Landgericht den Zweck dieser „Kunden-Nachbetreuung“, die sachlich außerhalb des geschuldeten Pflichtenprogramms steht, auch darin gesehen, weiteren Geschäftsabschlüssen den Weg zu ebnen und somit hierfür zu werben.“

„Allgemein üblich“ ist keine Grundlage für Bewertungsmails

Darüber hinaus machte das OLG im Gegensatz zur Entscheidung des LG Coburg klar, dass Mails mit der Bitte um eine Bewertung eben nicht „allgemein üblich“ sind und somit der Werbebegriff als solcher weiterhin im Verhältnis sehr weit gefasst wird. Daher sollten sich Shopbetreiber im Vorhinein auch bei solchen Themen immer das Einverständnis des Kunden holen, um so Abmahnungen bereits im Ansatz zu vermeiden.

Kategorie
Neueste Kommentare
    Archive
    Kategorien
    Neueste Kommentare
      Kategorien
      Kategorien